Stellungnahme der Bürgerinitiative Sommerfeldsiedlung zur 2. Bürgerwerkstatt von Dr. Isabelle Koch-Hegener, Dr. Harald Keiter und Gisela Eckardt.
Am 19.09.2017 fand die 2. Bürgerwerkstatt in den Neuen Kammerspielen statt. Die anberaumte Zeit wurde nahezu vollständig von der Präsentation des Bürgermeisters Michael Grubert sowie das beauftragte Planungsbüro Nagler & Partner bei äußerst knapp bemessener Diskussionszeit in Anspruch genommen.
Im Anschluss daran fand eine für unser Empfinden aggressiv aufgeladene Diskussion statt, in der die vielfältigen, ganz unterschiedlichen Interessen der Bürger der Sommerfeldsiedlung deutlich wurden. Die Heterogenität der Wünsche der Bürgerschaft nutzten Bürgermeister und Planungsbüro geschickt, um die eigene Argumentation zu untermauern.
Von Seiten der Anwohnerschaft wurde die Notwendigkeit weiterer Mitbeteiligungstermine nachdrücklich gefordert, worauf jedoch nicht eingegangen wurde. Der Abbruch der Diskussion durch den Bürgermeister kappte weitere Meinungsäußerungen, und viele Fragen blieben unbeantwortet.
Unser Hauptkritikpunkt ist, dass die baulichen Mängel (die vor allem den Zustand vieler, jedoch nicht aller (!) Straßen der Sommerfeldsiedlung betreffen) auf die jahrzehntelangen Versäumnisse der Gemeindeverwaltung zurückzuführen sind: während der DDR-Zeit war die Siedlung unmittelbares Grenz-, ja sogar Sperrgebiet zu Berlin-West und sie ist seither mit viel zu geringem Jahresetat mehr schlecht als recht instand gehalten worden.
Der Bürgermeister versucht nun, die Kosten einer umfassenden (weit über die Bedürfnisse der Bürger hinausgehenden) und undifferenzierten (die straßenspezifischen Belange nicht berücksichtigenden) Sanierung auf die Bürger abzuwälzen.
Diese umfassenden Baumaßnahmen, die zu einer spürbaren Veränderung des besonderen Charakters der Sommerfeldsiedlung führen würden, lehnen wir entschieden ab.
Wir fordern, dass Straßen und Gehwege in einer Weise instand gesetzt werden, die die Straßenquerschnitte nicht verändert. Außerdem sollen die Gehwege möglichst unaufwändig instand gesetzt werden.
1.) Der Bürgermeister hat wiederholt betont, dass die Option nichts zu verändern nicht bestünde. Warum aber ist die Ansicht, dass sich die Sommerfeldsiedlung baulichen Veränderungen zu unterziehen habe, an sich nicht verhandelbar?
Uns hat gestört, dass der Bürgermeister und das beauftragte Planungsbüro Nagler & Partner die Sanierungsmaßnahmen von Anfang an als unumgängliche Tatsache präsentiert haben. Viele Einwände, Wünsche und Anregungen, die auf der 1. Bürgerwerkstatt vorgetragen wurden, wurden unter vom Planungsbüro vorgefertigte Rubriken gefasst und geschickt der Diskussion entzogen. Dieses Vorgehen erlaubte dem Bürgermeister, die erste Bürgerwerkstatt in einer Weise zusammenzufassen, die seinen Vorstellungen entsprach, jedoch nicht das Votum der Bürger abbildete.
Unsere Umfrage hingegen kann eindeutig belegen, dass die Mehrheit der Bürger dezidiert keine baulichen Veränderungen will. Aufgrund der hohen Rücklaufquote von über 45% ist die Bürgerinitiative Sommerfeldsiedlung bislang als einzige Gruppe in der Lage, qualifizierte Aussagen darüber zu treffen, was ein Großteil der Bewohner der Sommerfeldsiedlung tatsächlich wünscht.
Zusammenfassung der Umfrageergebnisse:
90% der Teilnehmer wollen den Siedlungscharakter erhalten
89% der Teilnehmer sind für eine gemeindliche Instandsetzung
86% der Teilnehmer sind gegen gepflasterte Gehwege
92% fordern eine finale Mitbestimmung
Der Bürgermeister ignoriert diese Ergebnisse weitgehend. Auf rhetorisch geschickte Weise versuchte er, den Widerstand der anwesenden Bürger durch das Motto „wenn man etwas repariert, dann macht man es doch richtig“ (ein Argument, dem sich kein vernünftiger Mensch verschließen kann) zu lähmen. Dieses Argument ist deswegen so gefährlich, weil der Bürgermeister nun fragwürdige Maßnahmen mit aufnehmen möchte, welche die Kosten weiter in die Höhe treiben würden.
Die vom Planungsbüro Nagler & Partner vorgelegten Zahlen von 31.250 € jährlich, die die Gemeinde in den Straßenerhalt investiert hat, sind geradezu empörend niedrig.
Aus unserer Sicht hat die Gemeinde den derzeitigen Zustand der Straßen zu verantworten, sodass sie für eine ordnungsgemäße Instandhaltung alleinverantwortlich ist.
2.) Warum werden die einzelnen Maßnahmen nicht einzeln verhandelt?
Aus unserer Sicht hat der Bürgermeister ein Gesamtpaket geschnürt, das es nicht mehr erlauben wird, über einzelne Maßnahmen separat zu diskutieren. Vielleicht gibt es beispielsweise einen Konsens, den Straßenbelag der Stammbahn (und auch weiterer Straßen) instand zusetzen – dies bedeutet aber nicht, dass wir zwingend auch Parkplätze schaffen oder Straßenlaternen erneuern müssten.
3.) Die mangelnde Transparenz des Verfahrens – Der Bürgermeister spielt nicht mit offenen Karten.
Es ist ersichtlich, auf welche Weise der Bürgermeister durch eine gezielte Steuerung der Informationsströme versucht, die Anwohnerschaft in seinem Sinne zu beeinflussen. Wenn von „Werkstatt“ oder „Dialog“ gesprochen wird, ist in der Regel ein Austausch auf Augenhöhe gemeint, der im Verlauf demokratisch gestalteter, gleichberechtigter Verhandlungsabschnitte schließlich zu einem von beiden Seiten getragenen Ergebnis führen soll – davon kann bei diesem „Bürgerdialog“ keine Rede sein. Kein Anliegen der Anwohnerschaft ist bislang ernst genommen worden und hat irgendeinen Einfluss auf die Planungen gezeigt. Tatsächlich dienen diese Veranstaltungen letztlich lediglich der Erhöhung der „Compliance“ bezüglich der In-Kenntnis-Setzung der Anwohnerschaft über die Planungsabsichten des Bürgermeisters.
Dies betrifft vor allem auch die Kostenbeteiligung der Anwohnerschaft:
In beiden bisherigen Bürgerforen hat sich die Verwaltung bezüglich der Aussagen zur Kostenumlage auf die Betroffenen sehr zurückgehalten. Sie hat weder genau erläutert, wann es sich bei den Maßnahmen um eine Instandhaltung und wann es sich um eine Sanierung handelt. Die Gemeinde muss hinsichtlich der Kostenumlage ein Konzept vorlegen sowie darlegen, wie sie mit der Tatsache umgehen will, dass keine Straße gleich der anderen ist, und was dies für die Umlegung der Kosten bedetet. Sollen beispielsweise die Bewohner einer Straße mit bereits erneuertem Straßenbelag (z. B. Meisenbusch) auch zur Finanzierung der Straßensanierung einer fremden Straße herangezogen werden? Sollen für die Bewohner einer Straße gleich hohe Umlagen wie für die Bewohner einer anderen Straße festgelegt werden? Sollen unterschiedliche Bürgersteigbreiten unterschiedlich belastet werden? Wie wird eine Straße mit qualitativ unterschiedlichen Belägen (z. B. Stammbahn) behandelt? Welchen Betrag machen bei der Umlage der Kosten ggf. neue Laternen und Parkbuchten aus?
Die Klärung einer Vielzahl solcher Fragen muss unseres Erachtens erfolgen, bevor der politische Prozess begonnen werden kann. Der Bürgermeister verwendet permanent das Wort „Transparenz des Bürgerdialogs“ – wenn es aber darum geht, die Fakten auf den Tisch zu legen, hält sich die Verwaltung erstaunlich zurück.
Es ist davon auszugehen, dass das Wissen des Bürgermeisters und der Gemeindeverwaltung über die regionalen und überregionalen Planungsabsichten weitreichender sind als bislang mitgeteilt. Es fiel bspw. auf, dass der Bürgermeister den möglichen Ausbau der Stammbahn-Trasse ausdrücklich aus der Diskussion heraushalten wollte. Die Sommerfeldsiedlung liegt an einem verkehrstechnisch wichtigen Knotenpunkt. Wie sieht die Straßenplanung für den Durchgangsverkehr innerhalb der Siedlung aus? Wie ist die verkehrliche Anbindung nach Norden geplant? Wie soll die überregionale Anbindung aussehen? Was hat es zu bedeuten, wenn der Adam-Kuckoff-Platz im Planungsentwurf von Nagler- & Parter als „Park-ride-Parkplatz“ ausgegeben wird?
Um über die Planungen zu baulichen Veränderungen diskutieren zu können, brauchen wir sehr viel mehr Informationen – vor allem aber müssen wir als Diskussionspartner auf Augenhöhe ernst genommen werden!
Für die Bürgerinitiative Sommerfeldsiedlung:
Dr. Isabelle Koch-Hegener
Dr. Harald Keiter
Gisela Eckardt
Wir möchten die Stellungnahme der Bürgerinitiative Sommerfeldsiedlung zur 2. Bürgerwerkstatt sehr nachdrücklich unterstützen. Wir wohnen seit 40 Jahren in Kleinmachnow und davon 35 Jahre im Kuckuckswald. Wir können nicht nachvollziehen, warum das Ergebnis der Bürgerbefragung nicht von der Gemeinde berücksichtigt wird. Auch wir wollen den Siedlungscharakter erhalten, obwohl eine angemessene Instandsetzung der Straßen, ohne Veränderung des Fahrbahnquerschnittes und ohne gepflasterte Gehwege, notwendig ist. Die Versieglung mit sinnlosen Parkbuchten darf nicht zugelassen werden, jeder soll auf seinem Grundstück Parkmöglichkeiten schaffen und diese aber auch nutzen. Die Gemeinde muss hinsichtlich der Kostenumlage vor Auftragserteilung ein Konzept vorlegen und mit den Anwohnern diskutieren.
Roland und Eva Solecki